Gemälde von NS-Versteigerer
Scharfe Kritik übte die Frankfurter Allgemeine Zeitung (FAZ) am heutigen Mittwoch, 9. September, am Schweinfurter Museum Georg Schäfer. Aber warum berichtet die deutsche Qualitätszeitung über das Museum? Grund ist der Umgang des Museums mit der Geschichte seiner Kunstsammlung, die zum Teil aus „Raubkunst“ der NS- und Nachkriegszeit besteht. Als (NS-)Raubkunst bezeichnet man Kunstwerke, die widerrechtlich geraubt oder verfolgungsbedingt, beispielsweise zu Zeiten der Juden-Verfolgung, entzogen wurden.
Geraubte Werke aus der Nachkriegszeit
Anlass war eine zuvor abgehaltene Pressekonferenz zur Berufung des neuen Museumsleiters, Wolf Eiermann. Dieser sprach bei seiner Vorstellung zwar über die Geschichte und Herkunft der Kunstwerke und -güter des Museums, das Wort „Raubkunst“ erwähnte er allerdings in keinem Wort. Aus Sicht der Stiftung „Sammlung-Dr.Georg-Schäfer“ gäbe es hierfür keinerlei Anlass. Dr. Georg Schäfer habe keine Werke geraubt, sondern gekauft, so äußerte sich das Museum gegenüber der FAZ auf Anfrage hin. Laut Quellen der deutschen Tageszeitung handele es sich bei der Herkunft einiger Werke allerdings um „NS-Raubkunst“, da es sich bei diesen nicht nur um Gemälde aus Händen eines NS-Versteigerers, sondern auch um widerrechtlich geraubte Werke aus der Nachkriegszeit, handele.
Beschlagnahmte Kunstsammlung
In der Nachkriegszeit erwarb der ehemalige Kugellager-Fabrikant Georg Schäfer eine beträchtliche Sammlung an Gemälden, die er „großzügigerweise“ an die Stiftung übergab, so schreibt die FAZ. Eine Vielzahl dieser Werke würden allerdings aus den Beständen eines der größten NS-Versteigers, Adolf Weinmüller, stammen. Laut einer weiteren Quelle habe Schäfer zudem das als gestohlen geglaubte Werk „Martha Liebermann im Lehnstuhl“ nach 1955 von Max Liebermann erworben. Der Künstler vermachte seine Sammlung ursprünglich seiner Frau, die 1942 in ein Konzentrationslager deportiert wurde und sich dort eine Vergiftung zuzog. Daraufhin stürmte, so berichtet die FAZ, die Gestapo deren Wohnung und beschlagnahmte Liebermanns Sammlung.
Schadensersatz für Erben
„Könnte es einen deutlicheren Fall von NS-Raubkunst geben?“ – Diese Frage stellt die Tageszeitung in Anbetracht dieser Recherchen. Auch kritisiert die FAZ das Selbstverständnis der Stiftung, die sich als private Einrichtung nicht an die „Washingtoner Erklärung“ von 1998 gebunden fühlt. Diese von allen Ländern, darunter auch Deutschland, unterzeichnete Erklärung verpflichtete die Länder dazu, mit den Erben der Gemälde eine „faire und gerechte Lösung“ nach dem Tod der Urheber zu finden. Laut Angaben des Museums habe man die Erben Liebermanns für den Verlust des Gemäldes entschädigt, was jedoch wiederum der Darstellung der Anwälte der Erbin widerspreche. Eine konkrete Entschädigung sei niemals erfolgt, sondern lediglich eine Pauschalzahlung von 170.075 Mark als „Schadensersatz für die der Frau Martha Lieberman entzogenen Gemälde und Kunstgegenstände“, so die FAZ. Die Behörden meldeten das Gemälde damals als „verloren“, tatsächlich befand sich das Gemälde aber bereits in Schweinfurt.
Dauerhafte Unterstützung aus Steuergeldern
Die FAZ geht in ihrer kritischen Beleuchtung der Geschichte des Museums noch einen Schritt weiter: „Großzügig hat sich der bayerische Staat verhalten, als er den Bau des Museums finanzierte. Großzügig ist auch die Stadt Schweinfurt, aus deren Mitteln die laufenden Kosten des Hauses bestritten werden“, so schreibt die Tageszeitung. Diese dauerhafte Unterstützung aus Steuergeldern könne laut Aussagen der FAZ nur einer Sammlung zukommen, die sich als öffentliche verstehe.