Was haben Ursula von der Leyen, Karl-Theodor zu Guttenberg und Daniel Volk gemeinsam? Nicht nur, dass sie alle drei Politiker sind, sondern auch, dass gegen alle drei Plagiatsvorwürfe erhoben wurden. Letzterer hatte seinen Doktortitel sogar von der Uni Würzburg erhalten. Plagiate sind die Anmaßung fremder Ideen als eigene. Von den Plagiaten zu unterscheiden ist das Ghostwriting. Hier schreibt jemand bewusst Texte für einen anderen und bleibt dabei selbst im Hintergrund. Der Auftraggeber veröffentlicht diese anschließend im eigenen Namen. Dabei handelt es sich um alle möglichen Arten von Texten: Bücher, Artikel, Reden, wissenschaftliche Arbeiten, usw.
Will man Ghostwritern glauben, so lassen immer mehr Studenten ihre wissenschaftlichen Arbeiten von jemand anderem schreiben. Die Gründe sind dabei vielfältig: Faulheit, persönliche Gründe oder man tut sich einfach mit akademischen Texten schwer. Aber gerade bei wissenschaftlichen Arbeiten ist das Ghostwriting besonders tückisch.
Wo findet man einen Ghostwriter?
Ghostwriter findet man leichter als man mitunter annimmt. In verschiedenen Gruppen auf Facebook bieten Ghostwriter ihre Dienste an, andere schalten Anzeigen auf Ebay und verschiedene Websites vermitteln die besten Ghostwriter in der Umgebung. Gewarnt wird jedoch immer wieder vor Ghostwritern außerhalb Deutschlands. Diese sind billiger, haben mitunter aber keinen akademischen Hintergrund oder beherrschen die deutsche Sprache nicht auf dem notwendigen Niveau. Das Interessante: Die Ghostwriter sind häufig sogar mit ihren Klarnamen bei den diversen Portalen angemeldet.

Auf Ebay Kleinanzeigen gibt es jeden Tag neue Anzeigen im Hinblick auf Angebote für und von Ghostwritern. Screenshot: Ebay.
Wie läuft das Ganze ab?
Wissenschaftliche Arbeiten sind planbar. Daher bevorzugen es viele Ghostwriter, wenn man Kontakt aufnimmt bevor man überhaupt ein Thema hat oder unmittelbar danach. So hat man noch genügend Zeit. Manche Ghostwriter nehmen aber auch sehr kurzfristige Anfragen an. Dies ist von Ghostwriter zu Ghostwriter unterschiedlich. Ansonsten läuft das Ganze relativ ähnlich ab. Der Ghostwriter übernimmt den Großteil der Recherche und des Schreibens. Der Auftraggeber kann ihn dabei – wenn gewünscht – unterstützen, beispielsweise durch kleinere Recherchen. Wichtig ist eine offene und regelmäßige Kommunikation zwischen dem Schreiber und dem Studenten.
Mit welchen Kosten muss man rechnen?
Die meisten – renommierten – Anbieter liegen ungefähr auf einem Niveau. Ähnliche Leistungen kosten meist ähnlich viel. Dabei wird meist nach Seite berechnet. So kostet eine Seite für eine Bachelorarbeit circa 60 bis 80 Euro. Bei einer Bachelorarbeit von 40 bis 60 Seiten kann dies 2.500 bis 4.500 Euro kosten. Einzelanbieter, die nicht bei Agenturen arbeiten, sondern sich so etwas dazu verdienen möchten, können deutlich günstiger sein. So bieten einige auf Ebay Bachelorarbeiten für 20 Euro pro Seite an (800 bis 1.600 Euro gesamt). Inwieweit diese allerdings vertrauenswürdig sind, erscheint fraglich. Bei Kontaktaufnahme unserer Redaktion antworteten mehrere dieser Anbieter in gebrochenem Deutsch, Sätze waren kaum verständlich.

Bei Agenturen, die Ghostwriter vermitteln, liegen die Preise meist höher als bei den Ebay Angeboten. Screenshot: Annika Betz.
Was kann man machen, wenn man die Arbeit nicht besteht?
Grundsätzlich ist der Auftraggeber dem Ghostwriter ausgeliefert. Auch wenn die Anbieter Anonymität garantieren, etwas Risiko bleibt. Sollte Unstimmigkeiten auftauchen oder am Ende die Leistung sogar ungenügend sein und man besteht nicht, so steht der Kunde eher auf der schlechteren Seite. Bei der Abgabe einer eidesstattlichen Erklärung hat man meist überhaupt keine Chancen. Daher bedeutet (akademisches) Ghostwriting immer ein sehr hohes Risiko für den Auftraggeber.
Was passiert, wenn das Ghostwriting aufgedeckt wird?
An der Hochschule für angewandte Wissenschaften Würzburg-Schweinfurt gibt es die sog. Richtlinien zur guten wissenschaftlichen Praxis, ebenso an der Uni Würzburg. Diese regeln unter anderem den Umgang mit Fehlverhalten, einschließlich Fällen von Urheberrechtsverletzungen. Grundsätzlich sind die Sanktionen vielfältig: von Nichtbestehen über Aberkennung der Titel bis hin zur Exmatrikulation ist alles möglich. Letzteres kommt wohl nur in sehr schweren Fällen in Frage. Allerdings sind aktuell keine Fälle von Ghostwriting an der FH oder an der Uni Würzburg bekannt, jedoch wurde kürzlich wieder ein Dozent auf ein Angebot eines Ghostwriters aufmerksam gemacht, der seine Dienste in einer internen Unigruppe angeboten hatte.
Wie ist die (straf)rechtliche Situation?
Zu unterscheiden ist immer zwischen dem Ghostwriter und dem Auftraggeber. Wird die Arbeit zusammen mit einer Eidesstattlichen Erklärung abgegeben, wie bei den meisten akademischen Arbeiten üblich, so kann sich der Student wegen einer falschen Versicherung an Eides Statt nach § 156 StGB strafbar machen. Das hat bis zu 3 Jahren Freiheitsstrafe oder Geldstrafe zur Folge. Der Ghostwriter hingegen könnte sich wegen Beihilfe dazu strafbar machen, §§ 156, 27 StGB.
Die meisten Ghostwriter weisen bei der Anfertigung der Arbeit darauf hin, dass die fertiggestellte Arbeit nur eine ‚Idee‘ ist. Man solle sie also auf keinen Fall genau so abgeben. Dies könnte die Strafbarkeit des Ghostwriters dann entfallen lassen, wenn sie aufgrund dieser Angabe mit dieser ‚Unwissenheit der Abgabe‘ durchkommen. Letztendlich ist jeder Fall des Ghostwritings anders und eine Entscheidung im Einzelfall kann immer anders ausfallen.

Der Student, der eine fremde Arbeit als die eigene abgibt, könnte sich wegen falsche Versicherung an Eides Statt strafbar machen. Foto: Annika Betz.
Neben der strafrechtlichen Sanktion gilt natürlich noch zu beachten, dass, sollte ein Fall des Ghostwritings erst später im Berufsleben aufgedeckt werden, dann könnte dies zur Kündigung des Arbeitsverhältnisses und eventuell Schadensersatzansprüchen des Arbeitgebers führen.
„Beschmutzung der Wissenschaft“
Ghostwriting ist nicht unumstritten. Während die einen sich ein bisschen Geld dazu verdienen oder sogar selbstständiger Ghostwriter hauptberuflich sind und keine Gewissensbisse verspüren, sehen andere darin eine „Beschmutzung der Wissenschaft und des wissenschaftlichen Arbeitens“.