Am Dienstag wurden in Würzburg und Schweinfurt drei sogenannte „CBD-Shops“ von der Kriminalpolizei Würzburg unter der Leitung der Staatsanwaltschaft Würzburg durchsucht. Es handelte sich dabei um die erst seit diesem Jahr eröffneten Läden von Cannameleon. In Schweinfurt hatte eine Filiale erst im Sommer am Marktplatz seine Türen geöffnet. Anlass für die Durchsuchungen seien laut Polizei Unterfranken Ermittlungserkenntnisse, wonach den Ladenbetreibern strafbarer Handel mit Betäubungsmitteln vorgeworfen werde.
Fehlende Erlaubnis für THC-haltige Produkte
Fünf Beschuldigten im Alter zwischen 23 und 35 Jahren werde vorgeworfen, in insgesamt drei Läden in Würzburg und Schweinfurt seit Ende Januar 2019 neben zahlreichen anderen Produkten verschiedene Teesorten gewinnbringend weiterverkauft zu haben, so die Polizei in einer Pressemitteilung. Diese Tees hätten nach ersten Stichproben Wirkstoffgehalte von 0,16 % bis 0,3 % THC und sollen nicht nur an Erwachsene, sondern zum Teil auch an Personen unter 18 Jahren verkauft worden sein, heißt es. Entgegen den Werbeaussagen zu den in den betroffenen Läden verkauften Teesorten handele es sich nicht um „legales Cannabis“, sondern um THC-haltige Produkte, für deren Verkauf es einer Erlaubnis nach dem Betäubungsmittelgesetz bedurft hätte, die bei Cannameleon aber gefehlt hätte, berichtet die Polizei Unterfranken.
„Aufgrund dieser Erkenntnisse wurden gegen die Tatverdächtigen Ermittlungsverfahren wegen gewerbsmäßiger und unerlaubter Abgabe von Betäubungsmitteln an Minderjährige sowie wegen unerlaubten, gewerbsmäßigen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln eingeleitet“, so ein Sprecher der Polizei.
Cannameleon: Regelmäßige Laboruntersuchungen
In einem Interview von Januar 2019 erzählte Cannameleon Chef Lukas, dass das Cannabis, welches in ihren Produkten enthalten sei und von ihnen vertrieben werde, den psychoaktiven Wirkstoff THC nur bis zum maximalen gesetzlichen Grenzwert von 0,2% beinhalte und als einfacher Nutzhanf bezeichnet werden könne. Dieser Grenzwert werde durch regelmäßige Laboruntersuchungen sicher gestellt. „Hier ein Rauscherlebnis zu haben, ist schier unmöglich. Wir setzen auf die vielen anderen positiven Eigenschaften der Pflanze und stellen uns der Dämonisierung der letzten Jahrzehnte entgegen“, so Lukas.

Der Cannameleon Shop am Marktplatz in Schweinfurt. Foto: Dirk Flieger
Weiter erzählte der Ladeninhaber, dass das in Deutschland illegale Cannabis vor allem wegen seinem psychoaktiven Wirkstoff THC bisher nur auf Rezept und über Apotheken erhältlich sei. Hier müsse angemerkt werden, dass die zuständigen Apotheker über keinerlei Fachwissen verfügen würden und das medizinische Cannabis mit erheblichen Qualitätseinbußen und teilweise sogar gesundheitsschädlichen Inhaltsstoffen, über Kanada, die Niederlande oder jetzt auch Belgien bezogen werden müssten. Außerdem liege der THC Gehalt in diesem „Apothekengras“ bei über 15%! „Das ist, unserer Meinung nach, ein erschreckend hoher Wert und kommt insbesondere durch Überzüchtung Zustande.“
Durchsuchungsbeschlüsse erwirkt
Die Staatsanwaltschaft Würzburg erwirkte aufgrund des vorliegenden Verdachts Durchsuchungsbeschlüsse, insbesondere für die Geschäfte in Würzburg und Schweinfurt, aber auch für die Wohnungen der jeweiligen Tatverdächtigen. Die richterlichen Beschlüsse wurden laut Polizei Unterfranken im Laufe des Dienstagvormittags von Beamten der Kriminalpolizei Würzburg und Schweinfurt, eines Unterstützungskommandos der Bayerischen Bereitschaftspolizei und Vertretern der Staatsanwaltschaften Würzburg und Schweinfurt vollstreckt.
Laut einem Sprecher der Polizei war insgesamt eine zweistellige Zahl an Beamten im Einsatz, was aus einsatztaktischen Gründen erforderlich gewesen sei. „Ein Grund war hierbei die Vielzahl von Durchsuchungsobjekten, neben den drei Ladengeschäften auch der Firmensitz und mehrere Wohnungen.“ Dabei wurde umfangreiches Beweismaterial sichergestellt, heißt es. „Insbesondere die sichergestellten Cannabisprodukte müssen in Hinblick auf die jeweiligen Wirkstoffgehalte nun von Spezialisten des Bayerischen Landeskriminalamts untersucht werden.“
Auch Käufer können sich Strafbar machen
Alle Tatverdächtigen blieben auch nach der Durchsuchungsaktion auf freiem Fuß. Laut einer Instagram Story von Cannameleon bleiben die Läden allerdings heute geschlossen. Die noch andauernden Ermittlungen werden von der Kripo Würzburg in enger Abstimmung mit der Staatsanwaltschaft geführt, heißt es. Die Staatsanwaltschaft weist in diesem Zusammenhang dringend darauf hin, dass sich nicht nur die Verkäufer, sondern auch die Käufer der fraglichen Tees nach dem Betäubungsmittelgesetz strafbar machen können.

Cannameleon dokumentierte in einer Instagram-Story den Zustand nach der Durchsuchung. Foto: Screenshot Instagram
Grüne Jugend verurteilt Razzia
Nach Bekanntwerden der Polizeirazzia meldete sich die Grüne Jugend Würzburg mit einer Pressemitteilung zu Wort. Das Vorgehen der Polizei und Staatsanwaltschaft wird darin scharf kritisiert und verurteilt. „Wegen des Verdachts, dass Produkte THC in Spuren von 0,16 – 0,3% enthalten, eine Großaktion der Polizei auszulösen, ist absolut unverhältnismäßig und kostet Geld, das an anderer Stelle dringender gebraucht würde. Hier wird einmal mehr klar, dass die Kriminalisierung von THC nichts mehr mit dem Schutz von Jugendlichen zu tun hat, sondern sich in einen ideologischen Selbstzweck der CSU verwandelt hat“, erklärt Magdalena Laier, Spitzenkandidatin der Grünen Jugend Würzburg zur Stadtratswahl.
In der Pressemitteilung heißt es weiter, dass bei einer Anfrage an die Staatsregierung diese klar stellte, dass selbst bei einer Nichtüberschreitung der gesetzlichen Grenze eine Repression notwendig sei, da zusätzlich der „Betäubungswille der Konsumenten“ ausgeschlossen werden müsse. „Dies ist jedoch selbst bei übermäßigem Konsum der Produkte aufgrund der minimalen THC-Spuren nicht möglich. Hier wird offen klar, dass es der Staatsregierung nur um Repression gegen Personen geht, die sich für eine liberale Drogenpolitik einsetzen“, so die Grüne Jugend.
Legalisierung gefordert
Samuel Kuhn, Beisitzer im Vorstand der Grünen Jugend und Stadtratskandidat, ergänzt: „Wenn man bedenkt, wie viel die Verfolgung der Delikte kostet und wie dadurch die ohnehin schon überlastete Justiz beschäftigt wird, ist es absurd, dass Cannabis nicht schon längst legalisiert ist. Ein kontrollierter Verkauf garantiert Jugendschutz, trocknet den Schwarzmarkt aus und verhindert die Kontaminierung der Produkte. Ebenfalls könnte der Staat durch Steuereinnahmen auf Cannabis Mittel für Präventionsmaßnahmen erhalten. Wir fordern deswegen die sofortige Freigabe von Cannabis!“
Zum Schluss fordert die Grüne Jugend Würzburg in ihrem Schreiben die Bayerische Staatsregierung auf, über die Wahl der Mittel, sowie die Kosten des Einsatzes in Würzburg und Schweinfurt Rechenschaft abzulegen.
Cannameleon zeigt sich erschüttert
Auch das Cannameleon-Team meldete sich direkt am Dienstagabend mit einem Facebook-Posting zu Wort. Dort heißt es, dass sie erschüttert über die Vorkommnisse seien und dass das Ziel von Cannameleon sein, immer die Gesundheit der Menschen nachhaltig zu verbessern, egal ob jung oder alt. „Mit den heutigen Durchsuchungs- und Beschlagnahmungsmaßnahmen wurden wir Zeuge von Verhaltensweisen, die man niemandem wünscht“, ist zu lesen.
Ausnahmeregelung für CBD-Produkte
Die Polizei Unterfranken erklärt in einer Pressemitteilung die genauen Ausnahmeregelungen für CBD-Produkte folgendermaßen: „CBD-Produkte sind Hanfprodukte wie zum Beispiel lose Cannabisblüten, cannabishaltige Tees oder CBD-Öle, die ausschließlich Cannabidiol (CBD) aus dem weiblichen Hanf, jedoch nur geringe oder gar keine Anteile von THC enthalten. Da der Wirkstoff Cannabidiol kaum psychoaktiv ist, unterliegt er nicht dem Betäubungsmittelgesetz (BtMG).
Enthalten Hanfprodukte neben CBD auch Anteile von Tetrahydrocannabinol (THC) – dem psychoaktiven Wirkstoff von Hanf – enthält das Betäubungsmittelgesetz in der Anlage I eine Ausnahme, die die Produktion von CBD-Hanf-Produkten ermöglicht, wenn die Pflanzen höchstens einen THC-Gehalt von bis zu 0,2 % enthalten und der gewerbliche oder wissenschaftliche Zweck des Verkehrs einen Missbrauch des Hanfs zu Rauschzwecken ausschließt. Aufgrund dieser Ausnahmebestimmung soll es möglich sein, den Rohstoff Hanf zur rein industriellen Verwendung (z.B. Kosmetikprodukte) zu erschließen. Genau deshalb muss der gewerbliche oder wissenschaftliche Zweck auch beim Käufer des CBD-Hanf-Produkts vorliegen.“
Kauf zum Eigenverbrauch nicht erfasst
Was allerdings nicht von der Ausnahmeregelung erfasst ist, ist insbesondere der Ankauf zum Eigenverbrauch, wie er in den Ladengeschäften und Onlineshops durchgeführt wurde, so die Polizei weiter. Beim Verkauf von CBD-Produkten, die THC enthalten (unabhängig davon, wie hoch der THC-Gehalt ist), machen sich Verkäufer und Käufer gleichermaßen strafbar, wenn die Abgabe zum Zwecke des Eigenverbrauchs erfolgt, heißt es. „Die Ausnahmeregelung soll gerade nicht die Bevölkerung mit THC-schwachen Zubereitungen zu persönlichen Konsumzwecken versorgen und auch nicht das grundsätzliche Cannabisverbot aufweichen.“