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Die Doom-Metal-Band "Shrines of Dying Light" bei einem Live-Auftritt in Zürich. Foto: Julian Roßdeutsch
Die Doom-Metal-Band "Shrines of Dying Light" bei einem Live-Auftritt in Zürich. Foto: Julian Roßdeutsch

Metal und Tanz: Schweinfurter mit besonderem Musikprojekt

Auch wenn er seiner Geburtsstadt Schweinfurt im Alter von 16 Jahren den Rücken gekehrt hat, denkt Julian Roßdeutsch heute noch gerne an seine fränkische Heimat zurück. Nach der mittleren Reife zog es ihn zur Ausbildung in die Schweiz zu seinem Vater. Dort lebt und arbeitet er nicht nur, sondern ist außerdem als Sänger und Gitarrist Teil einer Doom-Metal-Band: der Shrines of Dying Light.

Die Underground-Band hat auf Spotify einige Tausend Hörer und bringt am 13.11.2020 ihr neues Album „Sadness“ an den Start. Doch nicht nur die Release-Party in einem eigens angemieteten Gefängnis ist besonders. Julian Roßdeutsch spricht im Interview mit Schweinfurt City über die Verbindung von Metal mit professionellem Tanz und seine Erinnerungen an Schweinfurt. Außerdem bekundet er lebhaftes Interesse an einer Kollaboration mit lokalen Schweinfurter Metal-Bands.

Erinnerungen an Schweinfurt

Schweinfurt City (SwC): Wie oft bist Du noch in Schweinfurt und wo zieht es Dich sofort hin?

Seit ich selbst mobil bin, fahre ich praktisch alle 4-6 Wochen „nach Hause“. Natürlich zieht es mich zuerst zur Familie und auch die schöne Innenstadt lasse ich mir nicht entgehen. Insbesondere schätze ich die tollen – wenn auch eher raren – Veranstaltungen in der Stadt wie Honky Tonk, Pflasterklang, Volksfest oder Weihnachtsmarkt. Ich verbringe auch immer noch gerne meine Zeit am Waldspielplatz oder im Silvana.

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SwC: Warst Du früher trotz Deines jungen Alters schon in Klubs oder Bars in Schweinfurt, in denen Metal-Musik lief?

Natürlich! Ich war früher oft im Stattbahnhof und im Jugendhaus. Da habe ich tolle Live-Bands entdeckt. Es gab ja auch noch das Level 8 und eine Location nahe der Tanzschule Pelzer, den Namen kenne ich schon gar nicht mehr. Ich möchte an dieser Stelle übrigens mal eine Lanze für den Rockverband Schweinfurt brechen: Eine derart gut vernetzte Szene habe ich nirgends mehr erlebt, nicht mal in einer Großstadt wie Zürich.

Durch Lehrerin zur Metal Musik

SwC: Hast Du noch Kontakt zu Deinen ehemaligen Bandmitgliedern aus Schweinfurt?

Ich bin mit ihnen noch auf Social Media befreundet, der aktive Kontakt ist aber leider abgerissen.

SwC: Wie kamst Du überhaupt zur Metal-Musik?

Bei mir hat das eigentlich schon sehr früh angefangen. Im Auto bei meinem Vater konnte ich als Fünfjähriger schon die Texte der Erlanger Spaß-Metal-Band J. B. O. mitsingen. Als Kind sind die Möglichkeiten natürlich etwas begrenzt und man hört, was im Radio kommt. Später kam ich über Grunge und Alternative Rock in die härteren Musikrichtungen zurück. Mein bester Freund ist zwei Jahre älter als ich und brachte mich erstmals mit richtig harter Musik in Berührung. Ohne meine Englischlehrerin an der Walter-Rathenau-Realschule wäre aber womöglich alles anders verlaufen. Sie witterte meine Begeisterung für Metal und hat eines Tages sogar den Erziehungsauftrag für mich wahrgenommen, damit ich auf mein erstes Metal Konzert gehen konnte. Da hat es mich dann natürlich gepackt.

SwC: Was zeichnet den Sound von Shrines of Dying Light aus?

Es ist immer schwer darüber zu sprechen, was die eigene Kunst ausmacht. Ich denke, das Alleinstellungsmerkmal ist die Emotionalität in der Musik. Wir versuchen den verschiedenen Gefühlswelten in uns Raum zu geben und die menschliche Psyche zu beleuchten. Instrumentell ist im Doom Metal natürlich das langsame und monotone Wiederholen von Riffs ein tragendes Element. Zudem bemühen wir uns um Variabilität zwischen Klargesang und sogenanntem Growling (also dem „Grunzen“). Eine besondere Note bekommt die Musik noch über die Rhythmusgitarre, die bei uns sieben statt wie sonst üblich sechs Saiten hat, was mehr Flexibilität in den tieferen Tonlagen ermöglicht.

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SwC: Was steckt hinter dem Namen?

Passend zur melancholischen Musik ist der Name ein Sinnbild für das Verblassen, das langsame Vergehen. Der Name war ursprünglich nur ein Projektname, der dann aber beibehalten wurde…

SwC: Wie viele Mitglieder habt ihr in der Band?

Mit mir gibt es vier Bandmitglieder: zunächst Roman an der Leadgitarre. Ihm gehört auch das Tonstudio, das wir für unsere Aufnahmen nutzen können. Er übernimmt außerdem viele Arbeiten im Design und in der Tontechnik. Dazu haben wir noch Bassist Roger und Schlagzeuger Michael, die ein ganz besonderes Rhythmusfundament für unsere Band bilden.

Musik und Tanz vereint

SwC: Was genau ist das Projekt METAL_FLOWMOTION?

Es handelt sich um einen Tanzworkshop von und mit Cie Quilla, einer Tanzgruppe mit Sarah Keusch – sie ist professionelle Tänzerin – und Choreografin und Rebekka Scharf, einer diplomierten Tanzpädagogin. Die beiden sind große Fans der Gothic- und Metalszene und wollten ihren Beruf mit ihrer Leidenschaft für harte Musik verbinden. Daraus entstand ein Workshop, bei dem Profitänzer mit Livemusik eine Art geführte Bewegungsstudie erleben. Es geht dabei darum, mit der eigenen Wildheit zu experimentieren. Unsere Musik passt aufgrund der Dynamik zwischen sanft und hart perfekt dazu.

SwC: Wie kam es zu der Verbindung von Metal mit professionellem Tanz?

Das ist streng genommen alles dem Musikgeschmack von Cie Quilla geschuldet. Sarah kontaktierte mich und fragte mich an, ob ich bei dem Workshop spielen möchte. Ich brauchte nicht lange zu überlegen und fragte meine Bandkollegen, ob sie auch Lust hätten. Wir hatten am entsprechenden Termin Zeit und meine Bandkollegen fanden das Experiment ebenfalls sehr spannend. Wegen der Lärmbelastung haben wir sogar extra noch ein e-Drumset organisiert. Wenige Monate nach der Anfrage spielten wir unser erstes teilimprovisiertes Konzert beim METAL_FLOWMOTION-Workshop – und das auch noch in Socken.

Julian ganz privat mit seiner Frau. Foto: Julian Rossdeutsch

Julian ganz privat mit seiner Frau. Foto: Julian Roßdeutsch

SwC: Ist ein Auftritt der Shrines of Dying Light in Schweinfurt und Umgebung geplant? Vielleicht eine Kollaboration mit Schweinfurter Metal-Bands, mit denen Du in Kontakt stehst?

Ein Auftritt in meiner fränkischen Heimat ist ein bisher unerfüllter Traum. Leider hat es sich bis jetzt nie ergeben. Mittlerweile fehlen mir die engen Kontakte in die Szene. Eine Kollaboration wäre schön, wenn sich eine freiwillige Band findet, würde ich sogar ein Austauschkonzert in Zürich organisieren.

SwC: Was verbindet Dich sonst noch mit Schweinfurt?

Schweinfurt ist eine Stadt, die mich natürlich stark geprägt hat. Noch heute hört man meinen fränkischen Dialekt in der Sprache und natürlich gibt es viele Menschen in der Region, die mich beeinflusst haben – oder es heute noch tun. Gewisse Kontakte pflegt man ja durchaus weiter. Im September 2018 habe ich meine Frau, eine Schweizerin, im Schweinfurter Rathaus geheiratet. Die Stadt hat viele schöne Seiten und überrascht mich immer wieder positiv.

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