Sparfüchse sollten schnellstmöglich ihre Strom- und Gasverträge überprüfen, denn offenbar kann jetzt eine Stange Geld am Energiemarkt gespart werden. Das meldeten zum Wochenstart zumindest zahlreiche Medien, die verschiedene Vertreter des Online-Preisvergleichportals Verivox interviewten. Doch diese Sparstrategie hat mit Blick auf den kommenden Winter einen Haken.
„Viele Anbieter, die aktuell Endkundenpreise unter den Preisbremsen anbieten, können das oftmals nur tun, weil sie die dafür benötigte Energie sehr kurzfristig beschaffen“, bewertet Anja Binder von den Stadtwerken Schweinfurt die Lage. „Das bietet diesen Anbietern in der momentanen Marktsituation Aussichten auf Erfolg, kann aber bei wieder steigenden Marktpreisen zu kurzfristig steigenden Endkundenpreisen führen, sofern sich diese Lieferanten nicht langfristig gegen Preisschwankungen abgesichert haben.“ Dieses Phänomen habe sich vergangenen Herbst drastisch gezeigt, als zahlreiche Billigstromanbieter viele Lieferverträge einfach gekündigt haben, um ihre bereits eingekaufte Energie mit hohen Gewinnen am Großhandelsmarkt zu verkaufen. Möglich macht das eine Preisbindungs-Klausel in den Verträgen, die die günstigen Konditionen oftmals nur für einen Monat Laufzeit gewährleisten, danach die Preise aber je nach Marktsituation auch erheblich anpassen können.
In der Krisenphase profitierten Energiekunden der Stadtwerke Schweinfurt
In dieser letztjährigen Phase hatten wiederum Bestandskunden der Würzburger Versorgungs- und Verkehrs-GmbH (WVV) und der Stadtwerke Schweinfurt finanziell erhebliche Vorteile gegenüber denjenigen, die aufgrund der hohen Beschaffungskosten und gekündigten Verträge in die damals sehr teuren Neukundentarife der Grundversorger rutschten. „Die Billigstrom-Anbieter sind zurück“, titelte das Magazin Business Insider im März und wies gleichzeitig darauf hin, dass Verbraucherschützer vor den Lockangeboten warnen, da man sehe, wie „schnell das vorbei sein kann.“
Grundversorger schützen grundsätzlich vor „immensen Preissprüngen nach oben“
„Im Bundesvergleich der Regionalanbieter gehören wir mit den genannten Preisen zu den günstigeren Anbietern“, vergleicht Florian Doktorcyk von der WVV die Strom- und Gastarife. Die Verkaufsstrategie der Grundversorger der Region sei risikoreduziert und langfristig ausgelegt. Dadurch könne die WVV Kundinnen und Kunden „vor immensen Preissprüngen nach oben schützen.“ Nur dadurch habe es funktioniert, die Strompreise bis zum Jahreswechsel 2023 beinahe konstant auf einem sehr günstigen Niveau zu halten.
Die Strom- und Gastarife der Stadtwerke Schweinfurt im Überblick (Stand: April 2023)
- Strom-Grundversorgung für Neu- und Bestandskunden: 64,71 Cent pro kWh brutto bei einem Grundpreis von 114,53 Euro im Jahr
- StromTarif SWfamily: 50,50 Cent pro kWh bei einem Grundpreis von 122,24 Euro im Jahr
- Gas-Grundversorgung für Neu- und Bestandskunden: 20,94 Cent pro kWh brutto bei einem Grundpreis von 160,50 Euro im Jahr
- Gastarif SWerdgas: 17,49 Cent pro kWh bei einem Grundpreis von 181,47 Euro im Jahr
- Wann ziehen die Grundversorger WVV und Stadtwerke Schweinfurt bei günstigeren Energiepreisen hinterher?
Die Strom- und Gastarife der WVV im Überblick (Stand: April 2023)
- Mein Frankenstrom Komfort für Neu- und Bestandskunden: 43,03 Cent pro kWh brutto. Durch die Preisbremse reduziert sich der genannte Verbrauchspreis um 3,03 Cent je kWh brutto.
- Mein Frankengas Komfort für Neu- und Bestandskunden: 16,90 Cent pro kWh brutto. Durch die Preisbremse reduziert sich der genannte Verbrauchspreis um 4,9 Cent je kWh brutto.
Würzburger Energieversorger informiert Kundinnen und Kunden zur Strompreisbremse
Kundinnen und Kunden der WVV in Würzburg bekommen in diesen Tagen bereits eine Entlastung – die der staatlichen Strompreisbremse. Sparen ist also auch hier angesagt, allerdings auf Basis staatlicher Subventionierung. Eine langfristige Einkaufsstrategie bedeute eben auch, dass sinkende Preise nicht so schnell weitergegeben werden können wie von denjenigen, die mit billigsten Tarifen und kurzfristigen Preisbindungen locken. Daher können derzeit weder die WVV noch die Stadtwerke Schweinfurt einschätzen, wann es zu Preissenkungen außerhalb der Preisbremsen des Staates käme:
„Die Stadtwerke Schweinfurt unterziehen ihre Preise einer kontinuierlichen Überprüfung. Sobald Handlungsspielraum für eine Preissenkung besteht, werden die Stadtwerke diese umgehend an ihre Kundinnen und Kunden weitergeben“, sagt Binder. Doktorcyk ergänzt: „Ein Preisrückgang in der Beschaffung wird bei unseren Kundinnen und Kunden in voller Höhe ankommen, so viel können wir schon heute versprechen. Den Zeithorizont können wir noch nicht absehen, dafür ist es noch zu früh.
Zur Situation im vergangenen Herbst: Strompreis in Schweinfurt sehr teuer, in Würzburg total günstig – woran liegt das?
Preisbremsen landen überwiegend bei Verbraucher-Haushalten
Auch aus dem Topf der staatlichen Preisbremsen würden die öffentlichen Versorger wie die Stadtwerke Schweinfurt und die WVV wenig erhalten. „Ausgleichszahlungen oberhalb des jeweiligen Preisdeckels für Strom, Gas oder Wärme werden direkt an die WVV-Kunden weitergegeben. Die WVV wickelt in dieser Rolle für den Staat die Entlastungszahlungen der Kunden ab. Es verbleiben keine Ausgleichszahlungen bei der WVV. Einzig die Aufwendungen, die für die Abwicklung der Preisbremsen anfallen, würden die Energieversorger behalten. In welcher Höhe das ausfalle, könne aber derzeit weder bei der WVV noch bei den Stadtwerken Schweinfurt eingeschätzt werden.